Exkursion mit Bernhard Christoph bei Kümmersreuth
KÜMMERSREUTH Die Veränderungen der Flur in einer alten Kulturlandschaft lagen im Fokus der Exkursion des Bund Naturschutz im Rahmen der Bayern-Tour-Natur, die unter der Leitung von Bernhard Christoph stand.
Am 30.9.18 nahm der Tiefbauingenieur und Hobbyarchäologe 70 interessierte Zuhörer mit auf eine Zeitreise, die Jahrmillionen bis zur Entstehung der Juralandschaft zurückreichte und informierte: „Das hier unter der Humusdecke befindliche Gestein ist im Jurameer entstanden, also vor etwa 150 Millionen Jahren. Kemitzenstein, Hohler Stein oder die bekannten Staffelbergfelsen sind ehemalige Riffe des Weißjurameeres. Die Meeresablagerungen in der darauffolgenden Kreidezeit sind nach der Landhebung in weit späteren Zeiten alle wieder aberodiert und damit verschwunden. In der Kümmersreuther Flur gibt es am Halmerstein allerdings noch ein großflächiges Restvorkommen des ehemaligen Meeresgrundes aus der Kreidezeit.“
In der Dorfmitte beleuchtete Bernhard Christoph die Ortsgeschichte, die bis ins 12. Jahrhundert zurückreiche. Damals hieß der Ort „Kunemundesreut“. Ab dem Jahre 1230 gehörte die Ortschaft zum Besitztum des Klosters Langheim. Anhand von alten Wegenetzkarten wurde die typische Anlage des charakteristischen Straßendorfes aufgezeigt. So benutzte schon im Mittelalter der Abt des Klosters die Altstraße als kürzeste Verbindung zum Bischofssitz in Bamberg durch „sein Dorf Kümmersreuth“. Auf einem Stück dieser Altstraße, dem heutigen Kemitzenweg, begab sich die Exkursionsgruppe weiter bis man zu einer Blickachse zum Gesteinsabbaugelände am Deisenstein kam. Etliche Exkursionsteilnehmer reagierten betroffen; eine ältere Frau meinte: „Das sieht ja schlimm aus. Die Natur darf doch so nicht weiter ausgebeutet werden!“
Bernhard Christoph erklärte die Entwicklung des Gesteinsabbaus: Angefangen hat es mit drei kleinen Abbaustellen in Kaider etwa um das Jahr 1950, man nutzte sie vorwiegend für den örtlichen Bedarf, wie beispielsweise zum Hausbau. Eine Karte von 1970 zeigte bereits eine wesentliche Zunahme der dortigen Abbaufläche und zusätzlich ein neues Areal unterhalb des Deisensteins. Im Jahr 1973 veranlasste dann das Landesamt für Denkmalpflege eine Rettungsgrabung an einem hallstattzeitlichen Grabhügel in einem Gräberfeld aus der Zeit um 700 vor Chr. Dort fand man menschliche Skelettreste und eine Zahnkrone einer damals 18-jährigen Person; ein Jahr später habe man dort eine Raubgrabung festgestellt. Trotzdem nahm man einen neuen Suchschnitt vor. Dabei fand man noch ein weiteres menschliches Skelett in Hockerlage, eine durchbohrte Axt, eine Silexklinge und Tongefäße aus der wesentlich älteren Schnurkeramik-Epoche am Ende der Jungsteinzeit. Deren Charakteristikum seien unter anderem facettierte Streitäxte aus Stein. Diese dürften hier als Grabbeigaben gedient haben, neben einem einfachen Silexdolch und einer bauchigen Amphore für Speise oder Trank.
Die genauen Untersuchungen ergaben, dass es sich um eine etwa 40 Jahre alte Frau gehandelt haben müsse. Bernhard Christoph hob hervor: „Die Frau starb vor ca. 4600 Jahren und kann somit als die älteste Bürgerin der Stadt Bad Staffelstein bezeichnet werden. Gräber der Schnurkeramik-Zeit sind immer noch selten zu finden. Hier war eines von nur zweien in ganz Oberfranken.“ Der Gesteinsabbau sei am Deisenstein leider ohne Rücksicht auf das weitere Gräberfeld unvermindert fortgesetzt worden. Zwei Lagepläne von 1990 und 2000 zeigten die drastische Flächenzunahme der Abbautätigkeit erneut auf. Unter anderem sei auch eine historisch bedeutsame Altstraßentrasse zerstört worden.
Schließlich gelangte die Exkursionsgruppe zu dem von den Steinwerken Neupert geplanten neuen Steinbruchareal zwischen dem 559 Meter hohen Rotschemel und Kümmersreuth. Etliche kleine Fundstücke wiesen darauf hin, dass das Gebiet ebenfalls schon von unseren Urahnen besiedelt gewesen sein müsse. Bernhard Christoph meinte: „Dies sollte uns zum Nachdenken bringen, wie wir mit unserer Vergangenheit umgehen. Die vielen Bodendenkmäler und die bereits geschehenen großen Eingriffe um Kümmersreuth mahnen uns zum achtsamen Umgang mit dieser Kulturlandschaft. Das Land außerhalb der Städte darf nicht zur bloßen Verfügungsmasse für Privat- und Staatsinteressen verkommen.“ Silvia Messerer, die 2.Vorsitzende der Bürgerinitiative gegen die Steinbruchpläne informierte die Anwesenden: „Bis dato sind noch keine detaillierten Pläne bei der Regierung von Oberfranken eingegangen, die auf die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens hindeuten. Unsere Bürgerinitiative „KÜRBISS“ hat mittlerweile über 2000 Unterschriften von Steinbruchgegnern gesammelt. Wir werden weiterhin wachsam bleiben!“ Einige Exkursionsteilnehmer trugen sich auch spontan in die Unterschriftenlisten ein. BN-Kreisvorsitzender Anton Reinhardt mahnte: „Die Wohn- und Lebensqualität und die noch nicht zu Mondlandschaften gemachten Areale der Natur verdienen das volle Engagement für deren Schutz.“ Er bedankte sich für die lehrreiche Führung bei Bernhard Christoph mit einem kleinen Präsent.
Widerstand gegen den geplanten Steinbruch bei Kümmersreuth
KÜMMERSREUTH. In dem kleinen Dorf auf dem Jura regt sich großer Widerstand gegen den von der Firma Neupert geplanten neuen Steinbruch. Im vollbesetzten Feuerwehrhaus trafen sich 62 Ortsansässige und gründeten eine Bürgerinitiative (BI) mit dem Namen "KÜRBISS", ausgeschrieben "Kümmersreuth rebelliert - Bürgerinitiative Steinbruchstopp".
Nachdem Unternehmer Hans Neupert am 30.12.2017 einem kleineren Kreis von Bürgern seine Planung mit wenigen spärlichen Informationen ankündigte, aber keinerlei Planunterlagen vorlegte sowie keine Angaben über Größe, Lage des Abbauareals, Abbauvolumen, Abtransport usw. machte, sondern lediglich auf einen voraussichtlich am 3.2.2018 stattfindenden neuen Versammlungstermin hinwies, zeigten sich die Bürger noch mehr besorgt und verunsichert, was da auf sie zukommen könnte, zumal aus verschiedenen Quellen dennoch Informationen durchsickerten:
Das nahe an den Ort reichende, neue Steinbruchareal im Umfeld des 559 Meter hohen Rotschemel liege demnach südöstlich von Kümmersreuth, unweit der Staatsstraße St 2204, Ortsausgang Richtung Wattendorf, von der Straße aus gesehen in östlicher und nördlicher Richtung. Das Abbaugebiet soll bis 350 Meter an den Ort heranreichen, eine Fläche von 22 ha, also etwa so viel wie 32 Fußballfelder umfassen, und eine mögliche Ausbeutungstiefe von etwa 60 Meter. Das Unternehmen wolle viele Jahre lang hochwertiges Steinmaterial, wie Frankendolomit und Werkkalk gewinnen.
Silvia Messerer, die 2. Vorsitzende der BI, warnte eindringlich vor der Umsetzung dieser Pläne: "Eine derartig große Abbaufläche würde zu einer unzumutbaren Belastung der Anwohner führen. Wir hätten insbesondere unter Lärm, Erschütterungen, Staub und Abgasen zu leiden. Für die Gesundheit bilden die auftretenden Feinstaubemissionen eine besondere Gefahr, insbesondere für unsere Kinder und älteren Menschen. Wir müssen alle in unserem Dorf zusammenhalten, dass es nicht so weit kommt!"
Michael Sohns, Vorsitzender der BI, wies auf die verminderte Wohn- und Lebensqualität und der damit einhergehenden Wertminderung der Wohngrundstücke und Häuser der Ortschaft hin: "Es kann doch nicht sein, dass einige wenige zu Lasten vieler Bürger profitieren. Wir werden uns zu wehren wissen!" Schriftführerin Petra Gehringer erinnerte an den Attraktivitätsverlust für den sanften Tourismus, sollte der Gesteinsabbau genehmigt werden, und sagte: "Wir werben auf allen Freizeitmessen für unsere schöne Region. Da ist es doch völlig kontraproduktiv, eine neue, riesige Kraterlandschaft zu erzeugen. Das dürfen wir nicht einfach hinnehmen!"
BN-Kreisgruppenvorsitzender Anton Reinhardt informierte, dass bei den Dimensionen des geplanten Steinbruchareals die Regierung von Oberfranken auf jeden Fall ein Raumordnungsverfahren durchführen müsse, in dem unter anderem auch bestimmte Konfliktbereiche der Planung, z.B. mit den Schutzgütern Boden, Natur, Trinkwasser, Mensch, Klima, Landschaft und Kulturgüter bewertet würden, außerdem sei ein landschaftspflegerischer Begleitplan zu erstellen. Zuständig für die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei in erster Linie das Landratsamt Lichtenfels.
Reinhardt meinte: "Auf der politischen Ebene sollte als nächstes der Stadtrat von Bad Staffelstein ein deutlich ablehnendes Zeichen setzen. Wir dürfen nicht weiter so achtlos mit dem Schutzgut Boden in unserer Heimat umgehen, den Menschen über Jahre hinweg unzumutbare Belastungen aufbürden und unsere Landschaft grob verschandeln. Der Bund Naturschutz ist Träger öffentlicher Belange und lehnt deshalb diesen geplanten Gesteinsabbau strikt ab."
Anton Reinhardt